Campus Schöneberg: Haus A, Badensche Straße 52
Das heutige Haus A entstand 1939 für die Hauptvereinigung der deutschen Brauwirtschaft. In den 1980er Jahren wurde es vom Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg genutzt. Seit 2011 sind hier Teile der HWR Berlin untergebracht.
Ursprünglich wurde das Gebäude 1939 für die Hauptvereinigung der deutschen Brauwirtschaft errichtet. Ihren vorherigen Sitz im innerstädtischen Bereich musste sie aufgeben, weil er für die gigantomanische Umgestaltung Berlins zur Reichshauptstadt „Germania“ vorgesehen war. Als Ersatz erhielt die Organisation einen Neubau in Berlin-Schöneberg. Die Hauptvereinigung war eine Unterorganisation des Reichsnährstandes, also jener Institution, die − unter anderem − damit beauftragt war, die Produktion aller landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu regulieren, insbesondere auch deren Verarbeitung und Verteilung.
Bis 1944 Sitz der deutschen Brauwirtschaft
Dieser Anspruch stand in Konkurrenz zu anderen nationalsozialistischen Organisationen, was dazu führte, dass der Reichsnährstand trotz seines gewaltigen bürokratischen Apparats an Einfluss verlor. Dies galt auch für die Hauptvereinigung, die den Markt für Hopfen und Gerste sowie den Umfang und die Qualität der Bierproduktion regeln sollte: Gegenüber der Wirtschaftsgruppe Brauereien, in der die Brauer organisiert waren, konnte sie sich immer weniger durchsetzen. Die Vereinigung nutzte den Bau bis 1944.
Obwohl das Gebäude im amerikanischen Sektor der geteilten Stadt lag, beschlagnahmte es der sowjetische Stadtkommandant von Berlin in den Wirren der ersten Jahre nach 1945 als Parteigebäude für die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) im Bezirk Schöneberg. Bis 1948 blieb es in deren Besitz. Ab 1949 gehörte es zum Bestand der ehemaligen nationalsozialistischen Einrichtungen, für die spezielle Abwicklungsstellen zuständig waren.
1969 erwirbt das Land Berlin das Gebäude
Angesichts der Vielzahl von Gebäuden und Grundstücken, die zum Reichsnährstand gehört hatten, erwies sich die Übergabe an bundesdeutsche Funktionsnachfolger als kompliziert. So dauerte es bis zum April 1969, bis das Land Berlin das frühere Gebäude der Hauptvereinigung erwerben konnte. In den 1980er Jahren wurde es vom Schöneberger Wohnungsamt, danach vom Sozialamt des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg genutzt.
Die im benachbarten Gebäude Badensche Straße 50 bis 51 ansässige Fachhochschule für Wirtschaft litt spätestens seit den 1990er Jahren unter erheblicher Raumnot. Die Zahl der Studierenden hatte stark zugenommen, neue Studiengänge wurden entwickelt und internationale Kooperationen eingegangen. Seit 2003 kam mit der Integration der Berufsakademie ein neuer Standort und eine Erweiterung des thematischen Spektrums hinzu.
2011 zieht die HWR Berlin ein
Nach dem Zusammenschluss mit der in Berlin-Lichtenberg ansässigen Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege wurde 2009 aus der früheren Fachhochschule für Wirtschaft die „Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin“. Im Jahr 2006 war das frühere Sozialamt vom Bezirk auf das Vermögen der Wissenschaftsverwaltung übertragen worden. Das Gebäude stand inzwischen unter Denkmalschutz, so dass bei den erforderlichen Umbauten auch diese Anforderungen zu berücksichtigen waren. Es entstanden eine neue Bibliothek für den Fachbereich 1, Räume für die Hochschulleitung und die Verwaltung sowie Seminarräume. Es wurde im März 2011 eröffnet.
Mehr zur Geschichte des Gebäudes Badensche Straße 52:
Dorothea Schmidt
„Die Kraft der deutschen Erde“ – Das Bier im Nationalsozialismus und die Hauptvereinigung der deutschen Brauwirtschaft in Berlin Schöneberg
Nomos-Verlag, Baden-Baden
2019, 85 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-8487-5920-0