18.02.2025 — Pressemitteilung 2/2025Pressemitteilung 2/2025 | 18.02.2025

Forschung

NSU-Mord in Hamburg: Aufklärung und Ermittlungen im Check

Von der Beweisführung bis zur Strafverfolgung: Hamburgische Bürgerschaft beauftragt Untersuchungskommission aus vier Hochschulen mit wissenschaftlicher Aufarbeitung der NSU-Terrortat von 2001.

Dr. Daniela Hunold ist Professorin für Soziologie mit Schwerpunkt Empirische Polizeiforschung an der HWR Berlin. Sie forscht seit vielen Jahren zu Problemen und Herausforderungen polizeilichen Handelns in der Einwanderungsgesellschaft. Foto: Hamburgische Bürgerschaft/Michael Zapf

Berlin, 17. Februar 2025 – „Spezifische Organisationskulturen bei Polizei und Verfassungsschutz können zu stereotypen Vorstellungen von Tatverdächtigen führen“, sagt Professorin Dr. Daniela Hunold. Die Expertin für Polizeisoziologie von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) ist Mitglied eines Forschungsteams, das im Auftrag der Hamburgischen Bürgerschaft die Geschehnisse und Ermittlungen rund um den Mord an Süleyman Taşköprü am 27. Juni 2001 in Hamburg untersucht. Die Ergebnisse werden in einem unabhängigen, umfassenden Gutachten zusammengefasst. 

Die Taten des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) zählen zu den erschreckendsten Terroranschlägen in der jüngeren deutschen Geschichte. Ihr Entstehungskontext konnte nie vollständig aufgeklärt werden. Auch nach bislang 15 politischen Untersuchungsausschüssen und dem Abschluss des „NSU-Strafverfahrens“ sind noch viele Fragen offen.

Systematische Ursachen und gesellschaftliche Wechselwirkung im Fokus

Im Zentrum des Forschungsprojekts steht die Untersuchung der systemischen Aspekte, die zum Versagen bei der Aufklärung und Strafverfolgung des Mordes führten. Besonders im Blick sind dabei die Wechselwirkungen zwischen behördlichem Handeln und den spezifischen gesellschaftlichen, sicherheitspolitischen Bedingungen in Hamburg zur Tatzeit. „Staatliche Behörden agieren niemals im luftleeren Raum“, so Professorin Dr. Daniela Hunold. „Wir wollen untersuchen, wie das öffentliche Meinungsklima und sicherheitspolitische Programmatiken die Ermittlungsarbeit beeinflussten und zu Pfadabhängigkeiten führten.“ Die breite Unterstützung durch die Hamburger Bürgerschaft sowie den beteiligten Behörden und die besondere Interdisziplinarität des Projektteams seien hervorragende Voraussetzung für eine gelungene wissenschaftliche Aufarbeitung des NSU-Mordes in Hamburg, stellt die Berliner Polizeiforscherin heraus.

Interdisziplinäres Forschungsteam geht Ursachen und Folgen organisatorischen und gesellschaftlichen Versagens bei der Aufklärung und Strafverfolgung des Hamburger NSU-Mordes nach (v.l.n.r.): Prof. Dr. Wolfgang Seibel (Universität Konstanz), Prof. Dr. Charlotte Schmitt-Leonardy (Universität Bielefeld), Prof. Dr. Daniela Hunold (HWR Berlin), Prof. Dr. Constantin Goschler (Ruhr-Universität Bochum)
Foto: Hamburgische Bürgerschaft/Michael Zapf

Interdisziplinarität als Erfolgsfaktor der Forschung

Die Professor*innen Dr. Daniela Hunold (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin), Dr. Constantin Goschler (Ruhr-Universität Bochum), Dr. Charlotte Schmitt-Leonardy (Universität Bielefeld) und Dr. Wolfgang Seibel (Universität Konstanz) werden im Rahmen einer interdisziplinären Untersuchung den komplexen Ursachen und Folgen des organisatorischen wie gesellschaftlichen Versagens bei der Aufklärung und Strafverfolgung des Hamburger NSU-Mords nachgehen. Im Fokus stehen vor allem die systemischen Aspekte, die zu den folgenreichen Terroranschlägen führten. Zugleich untersuchen die Wissenschaftler*innen Wechselwirkungen und Resonanzen der Ermittlungen mit der Hamburger Stadtgesellschaft. Sie nehmen dafür auch die Zeit vor dem eigentlichen Mordfall in den Blick, um die Entstehung von Wahrnehmungs- und Handlungsmustern im Umgang mit rechter Gewalt analysieren zu können. Das Spannungsfeld von Rassismus und systemischen Dynamiken wird in die Analyse eingeschlossen.

Die Forschenden erhalten vollumfängliche Akteneinsicht in die Unterlagen von Polizei, Staatsschutz und Justiz und werden im Rahmen von Interviews die Aussagen von Zeug*innen und professionellen Verfahrensbeteiligten in ihre wissenschaftliche Aufarbeitung einbeziehen. 

Professorin Dr. Daniela Hunold: Expertise in Polizeisoziologie

Die Expertin für Polizeisoziologie mit dem Schwerpunkt auf Empirische Polizeiforschung an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin forscht seit vielen Jahren zu Problemen und Herausforderungen polizeilichen Handelns in der Einwanderungsgesellschaft. Daniela Hunold ist Stellvertretende Direktorin des Forschungsinstituts für öffentliche und private Sicherheit Berlin (FÖPS) der HWR Berlin. Sie ist Mitherausgeberin des wissenschaftlichen Grundlagenbandes „Rassismus in der Polizei“ und arbeitete zuletzt mit einem Forscherteam an einer Expertise für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu Diskriminierungsrisiken durch die Polizei. 

HWR Berlin: Kompetenzzentrum für Polizeiforschung und Sicherheit

Die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin nimmt eine führende Position in der Ausbildung und Forschung im Bereich Polizei- und Sicherheitsmanagement ein. Als einzige Hochschule für angewandte Wissenschaften, die den Polizeinachwuchs für den gehobenen Polizeivollzugsdienst ausbildet, kombiniert sie akademische Exzellenz mit praxisorientierter Forschung. Ihr renommiertes Forschungsinstitut für öffentliche und private Sicherheit fördert den interdisziplinären Wissenstransfer und setzt wichtige Impulse für die Sicherheitsforschung. Die Hochschule bietet ein breites Spektrum an Studiengängen und richtet regelmäßig hochkarätige Fachveranstaltungen aus, darunter jährlich das Sicherheitsforum und das Breitscheidplatzsymposium. Diese Plattformen bringen Expert*innen aus Wissenschaft, Praxis und Politik zusammen, um aktuelle sicherheitsrelevante Themen zu diskutieren und Lösungsansätze zu entwickeln.

Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin)
Die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin ist mit über 11 500 Studierenden eine der großen Hochschulen für angewandte Wissenschaften – mit ausgeprägtem Praxisbezug, intensiver und vielfältiger Forschung, hohen Qualitätsstandards sowie einer starken internationalen Ausrichtung. Das Studiengangsportfolio umfasst Wirtschafts-, Verwaltungs-, Rechts- und Sicherheitsmanagement sowie Ingenieurwissenschaften in über 60 Studiengängen auf Bachelor-, Master- und MBA-Ebene. Die HWR Berlin unterhält 195 aktive Partnerschaften mit Universitäten auf allen Kontinenten und ist Mitglied im Hochschulverbund „UAS7 – Alliance for Excellence“. Als eine von Deutschlands führenden Hochschulen bei der internationalen Ausrichtung von BWL-Bachelorstudiengängen und im Dualen Studium belegt die HWR Berlin Spitzenplätze in deutschlandweiten Rankings und nimmt auch im Masterbereich vordere Plätze ein. Die HWR Berlin ist einer der bedeutendsten und erfolgreichen Hochschulanbieter im akademischen Weiterbildungsbereich und Gründungshochschule. Die HWR Berlin unterstützt die Initiative der Hochschulrektorenkonferenz „Weltoffene Hochschulen – Gegen Fremdenfeindlichkeit“.

www.hwr-berlin.de