Wir müssen viel verändern, um so weiterleben zu können
Wissenschaftler*innen aus mehreren Bundesländern haben Projekte zur Wärmewende begleitet und Lösungen für die Energieversorgung erarbeitet. Transparenz und Bürgerbeteiligung wichtig für Akzeptanz.
Berlin, 28. März 2023 – „Um eine Wende bei der Wärmeversorgung in Berlin herbeizuführen, braucht es verschiedene Optionen und Angebote, eine Kombination aus Solarthermie, Abwasserwärme und Wärmepumpen, die auf die jeweiligen Gegebenheiten der sehr unterschiedlichen Quartiere angepasst sind“, sagt Dr.-Ing. Anna Masako Welz. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) und Mitglied in einem Forschungskonsortium, das über dreieinhalb Jahre bundesweit die Umsetzung von Wärmewendeprojekten begleitet und konkrete Lösungen mit initiiert hat.
Einer der Partner des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Forschungsprojekts unter dem Titel „KoWa – Wärmewende in der kommunalen Energieversorgung“, mit denen Welz und ihre Forschungskollegen und -kolleginnen zusammenarbeiten, ist die HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH, vertreten durch ihre Tochtergesellschaft HOWOGE Wärme GmbH. Das Unternehmen besitzt rund 74 500 Wohnungen in Berlin. HOWOGE Wärme ist für die Versorgung der HOWOGE-Bestände mit Heizenergie und Warmwasser zuständig.
„Wir müssen viel verändern, damit wir so weiterleben können wie bisher“, weiß Matthias Schmitz-Peiffer, Geschäftsführer der HOWOGE Wärme GmbH. Ziel sei es, die Energieanlagen so zu optimieren, dass die Betriebskosten der Mieter und Mieterinnen für Heizung und Warmwasser sich möglichst langsamer entwickeln als das Marktumfeld. Das kommunale Wohnungsunternehmen bietet schon heute Bewohnern und Bewohnerinnen in einzelnen Quartieren die Möglichkeit, kostengünstig grünen Solarstrom vom eigenen Dach zu beziehen. Die alternative Energiegewinnung direkt im Quartier ist Teil ihrer Nachhaltigkeitsstrategie. Das im Rahmen des KoWa-Projektes entwickelte Konzept für einen Wohnkomplex in Berlin-Lichtenberg bezieht die Abwasserwärme als Energiequelle mit ein. In der Weiterentwicklung soll es zur Umsetzung kommen.
Klimaschutz kostet viel Geld. „Wärme muss für Mieter und Mieterinnen bezahlbar sein, gleichzeitig müssen wir – insbesondere als landeseigenes Unternehmen – wirtschaftlich handeln“, so Schmitz-Peiffer. Deshalb ist es an den Akteurinnen und Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, die für alle Beteiligten tragbar und umsetzbar seien.
Auch vor diesem Hintergrund haben die Projektbeteiligten aus Berlin, Osnabrück, Saarbrücken und Rostock die Kriterien und Bewertung von Nachhaltigkeitsparametern, die rechtlichen Herausforderungen bei der kommunalen Wärmewende und die Anwendung von Geo- und Solarthermie unter die Lupe genommen. „Im Ergebnis der umfangreichen Datenerhebung und -auswertung, aus den vielen Gesprächen mit Unternehmensvertretern und -vertreterinnen sowie Anwohnern und Anwohnerinnen ist deutlich geworden, dass der allgemeine Wille hin zur Wärmewende in Deutschland besteht, es oft jedoch vor allem organisatorische Hemmnisse gibt“, so Dr.–Ing. Anna Masako Welz. Das reiche von unklaren Zuständigkeiten auf Landes- und Bezirksebene in Berlin, der Verankerung des Themas in den Kommunen generell und nicht klar geregelter Ressortverantwortlichkeit, über Vorgaben zum Milieuschutz und bis zum Datenschutz. Hinzu kämen strukturelle Schwierigkeiten wie ungenügende Kapazitäten bei Fachfirmen für die technische Umstellung, Lieferengpässe bei technischen Anlagen und in dicht bebauten Großstädten schlicht der Platz für Wärmespeicher. Ein Plus hingegen sei gerade im urbanen Raum ein bereits gut ausgebautes Fernwärmenetz, sofern ein Transformationsplan zur Dekarbonisierung vorliegt.
Welz betont, dass es wichtig sei, die Menschen mitzunehmen, Akzeptanz für die Energie- und Wärmewende durch Transparenz und Aufklärung, durch Bürgerbeteiligung zu gewinnen. „Es mag banal klingen, aber wenn eine Rentnerin Sorge hat, dass der mit viel Aufwand gepflegte schöne Vorgarten beim Verlegen einer Wärmeleitung Schaden nehmen könnte, muss man darauf eingehen, auch hierfür gemeinsam nach Lösungen suchen“, sagt die Wissenschaftlerin.
Am Forschungsprojekt beteiligt waren:
- IZES gGmbH – Institut für ZukunftsEnergie- und Stoffstromsysteme (Verbundkoordinator) wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
- Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin), Institut für Nachhaltigkeit der HWR Berlin (INa)
- Hochschule Osnabrück
- enable energy solutions GmbH
- Steinbeis Innovation gGmbH (SIG), Solites
- Universität Rostock
Mehr Informationen zum Forschungsprojekt
Kontakt
Prof. Dr. Marko Schwertfeger
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
E-Mail: kowa(at)hwr-berlin.de