Weitergeben, was wichtig ist
Leistung und soziales Engagement sind den 46 Deutschlandstipendiat*innen der HWR Berlin gleichermaßen wichtig. Für Stipendiengeber*innen ist es eine Investition für die Gesellschaft und in die Zukunft
Berlin, 22. Juni 2022 – Nina Schiller wollte beruflich eigentlich in eine ganz andere Richtung gehen, Medizin studieren. Nach dem Abitur machte sie eine Ausbildung als Rettungssanitäterin und arbeitete anschließend als Au Pair in England. Inzwischen studiert sie International Business Management an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin). Wenngleich der neuen Deutschlandstipendiatin neben dem Studium nur wenig Freizeit bleibt, sie nutzt diese auch, um sich weiter für andere Menschen einzusetzen.
„Ich habe die Chance und viele Möglichkeiten, aus meinem Leben das zu machen, was ich mir wünsche und vorgenommen habe. Das ist nicht allen Menschen vergönnt, das ist mir bewusst. Deshalb möchte ich etwas weitergeben und bin da für die, die Hilfe brauchen“, sagt die 20-Jährige. Und das tut sie, generationenübergreifend. Sie unterstützt ehrenamtlich den Freunde alter Menschen e. V. und telefoniert mehrmals pro Woche mit einer älteren Dame. Der Verein engagiert sich gegen Einsamkeit und Isolation im Alter. In einem anderen Altersspektrum hilft Nina Schiller im Rahmen des HWR-Buddy-Programms seit zwei Semestern einer Studentin aus der Ukraine, sich in Studium und Alltag besser zurechtzufinden und pflegt außerdem eine Sprachpartnerschaft mit einem amerikanischen Kommilitonen. Davon profitiert auch die Berliner Studentin, nicht nur, weil auf ihrem Studienplan schon bald Auslandssemester an den Partnerhochschulen der HWR Berlin im kalifornischen San Diego und Leeds in England stehen.
Helfen, Netzwerken, Türen öffnen. Neben der finanziellen Unterstützung steht die ideelle ebenso bei den Förderern im Fokus. Seit dem Programmstart im Jahr 2013 hat die HWR Berlin 378 Deutschlandstipendien an Studentinnen und Studenten für ihre Leistungsbereitschaft und ihr gesellschaftliches Engagement neben dem Studium vergeben. Die Ausgezeichneten erhalten monatlich 300 Euro, zur Hälfte finanziert vom Bund und zur Hälfte von Unternehmen, Stiftungen, Vereinen oder privaten Förderern. Die Ausgezeichneten erhalten Wertschätzung und werden Teil eines Netzwerkes aus gegenwärtigen und ehemaligen Stipendiaten und Stipendiatinnen. „Ein Stipendium ist eine Investition in die Zukunft, die jeder einzelnen Stipendiatin und jedem einzelnen Stipendiaten auf dem eigenen Bildungsweg hilft und auch unserer Gesellschaft, die Engagement braucht und Engagement auch würdigt“, sagt Prof. Dr. Andreas Zaby, Präsident der HWR Berlin, zur feierlichen Übergabe im historischen Schöneberger Rathaus.
Ein Gewinn für beide Seiten ist der Kontakt zwischen den Förderern und ihren Stipendiaten und Stipendiatinnen. Die Ziele und der Grundgedanke des Deutschlandstipendiums sowie die soziale Einstellung der studentischen Bewerberinnen und Bewerber decken sich mit dem internationalen Lions-Motto „We Serve“, betonen Vorsitzende Christine Steinmüller und Schatzmeisterin Marieta Frey. Seit 20 Jahren engagieren sich Damen des Lions Club Berlin-Glienicker Brücke für das Allgemeinwohl mit dem Schwerpunkt in der Kinder- und Jugendarbeit. Nun gehören auch drei Deutschlandstipendien an der HWR Berlin zu den vielseitigen Maßnahmen und Aktivitäten. Die erfahrenen Netzwerkerinnen voller Ideen und Tatendrang erleben immer wieder selbst, was möglich wird, wenn Menschen mit gleichen Visionen zusammenkommen und freuen sich auf den Austausch mit ihren Stipendiatinnen, die sie nun unterstützen.
Förderin Jenny Klann kennt das aus eigener Erfahrung, ist Alumna des dualen Studiengangs Bauingenieurwesen der HWR Berlin. Ihr ersparte das Stipendium damals einen Bildungskredit. Das Deutschlandstipendium berücksichtigt neben der Leistung persönliche Lebensumstände und Werdegänge der Bewerber*innen, denen eine finanzielle Unterstützung den erfolgreichen Abschluss ihres Studiums maßgeblich erleichtert. Klann kam auf dem zweiten Bildungsweg zum Studium, hat Durchhaltevermögen bewiesen und hart gearbeitet. Im Anschluss an das nachgeholte Fachabitur machte sie zunächst einen Berufsabschluss und sammelte Praxiserfahrung, ging dann zum Studium und arbeitet jetzt im Technischen Gebäude- und Baumanagement der Europa-Universität Viadrina. „Ohne das Stipendium hätte ich mein Studium wahrscheinlich nicht beenden können“, sagt die Berlinerin rückblickend. „Ich hatte mir damals vorgenommen, jemandem die gleiche Möglichkeit zu geben, sobald ich es mir leisten kann.“ Das kommt Sabrina Menz zugute, die in die Fußstapfen ihrer Förderin tritt, ebenfalls mit Begeisterung Bauingenieurin werden möchte. Die 20-Jährige aus Schwaben ist die Erste in ihrer Familie, die studiert und ist neben der finanziellen Hilfe vor allem dankbar, für den Kontakt zu ihrer neuen Mentorin und dafür, nun Teil des Netzwerks von Deutschlandstipendiaten und -stipendiatinnen zu sein.
Diese Verbindung zwischen fördernden Unternehmen und individuellen Unterstützern und Unterstützerinnen und besonders qualifizierten, engagierten Studierenden, die Verzahnung zwischen Hochschule und Praxis ist eines der Ziele, die das Bundesbildungsministerium mit der vor elf Jahren eingeführten Begabtenförderung verfolgt. Unternehmen nutzen das Deutschlandstipendium als Instrument zur Nachwuchsgewinnung, erhalten Einblicke in Forschung und Wissenschaft, stärken die Region und tragen zur Chancengleichheit in der Bildung bei. Damit sind die jährlich 1 800 Euro pro Deutschlandstipendium gut angelegt bei den Talenten von morgen.