Neuigkeit | Demokratie gestalten

Start ins Themenjahr »Demokratie gestalten«

Mit einer Podiumsdiskussion zum Thema »Zwischen Extremwetter und politischen Extremen: Wie Demokratie und Wirtschaft zukunftsfähig bleiben« hat die HWR Berlin das Wintersemester 2024/25 eröffnet.

22.10.2024

Foto: Manuela Steinemann

Zugleich war die Semestereröffnung auch der Auftakt in das neue Themenjahr der HWR Berlin, das unter dem Motto „Demokratie gestalten“ steht. In ihrer Eröffnungsrede griff Prof. Dr. Silke Bustamante, Vizepräsidentin der HWR Berlin für Nachhaltigkeit, die Aktualität und Relevanz des Themas auf: „Rechtsextreme Tendenzen und die wachsende Zustimmung zu populistischen Parteien sind alarmierend und gefährden unser Wertesystem und die Grundfesten unserer Demokratie. Es ist auch nicht gut für unsere Wirtschaft. Unternehmen sorgen sich um ihre Arbeitskräfte. Wirtschaftsweise warnen. Es bedroht auch unser Klima, wenn der Klimawandel in Frage gestellt und die Sorgen der Menschen ausgenutzt werden, um gegen notwendige Maßnahmen zur Reduktion der CO2-Emmissionen Stimmung zu machen.“ Umso mehr ermutigte sie die Studierenden, das Thema mitzunehmen als Leitmotiv, es in Studierendenprojekte, Initiativen und Veranstaltungen zu integrieren und mit Leben zu füllen.

In der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Prof. Dr. Anna Daun und Miriam Herrenkind, tauschten sich auf dem Podium Dr. Adeline Abimnwi Awemo, Prof. Dr. Marcel Fratzscher, Paulina Fröhlich und Jonas Schaible dazu aus, wie demokratische Strukturen und die Wirtschaft in Zeiten extremer Herausforderungen – sei es durch Klimawandel oder politische Polarisierung – nachhaltig bestehen können.

Demokratie ist abnehmendes Phänomen

Prof. Dr. Anna Daun eröffnete die Diskussionsrunde mit einem politikwissenschaftlichen Blick: „Wenn wir weltweit schauen, dann ist Demokratie ein abnehmendes Phänomen. Die Gruppe der vollen Demokratien ist inzwischen die kleinste. Wir [hier in Deutschland] haben seit 70 Jahren eine stabile demokratische Kultur [...] und wir sind selbst [für deren Erhalt] verantwortlich.“

Damit übergab sie das Wort an Dr. Adeline Abimnwi Awemo vom CDU-Landesverband Brandenburg, die einen persönlichen Einblick gab in ihre Beweggründe, in die Landespolitik zu gehen. Sie habe viele Menschen auf Wahlkampfveranstaltungen getroffen und die Unterschiede in der Denkweise der Menschen sei sehr bewegend. „In Brandenburg [zum Beispiel, sind viele noch nicht so weit,] dass auch wir Migrantinnen und Migranten ein Teil der Gesellschaft sind und unseren Beitrag leisten wollen.“ Sie selbst habe ganz bewusst den Weg in die Politik gewählt, um aktiv etwas bewirken zu können.

Zusammenhang von wirtschaftlichem Erfolg und Demokratie

Prof. Dr. Marcel Fratzscher, Ökonom und Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), betonte den engen Zusammenhang von wirtschaftlichem Erfolg und Demokratie. Er warf einen kritischen Blick auf die bürokratischen Hürden für Migrantinnen und Migranten, um Zugang zum Arbeitsmarkt zu bekommen. Arbeit sei der Zugang zur Gemeinschaft und die Migrantinnen und Migranten brächten ein riesiges Potenzial mit. „Wir schaden uns wirtschaftlich, wenn wir dieses Potential verschenken.“ Dabei sei die Höhe des Einkommens absolut nicht entscheidend dafür, ob ein Mensch einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft leiste: „Arbeit ist wichtig [...] sie ist ein Teil des Beitrags zur Gesellschaft [und] auch jemand ohne Qualifikation, der sichtbar nützliche Arbeit macht, kann ganz genau so wichtig für eine Gesellschaft sein wie jemand, der sehr viel verdient.“

Freiheit und Klimaschutz

Jonas Schaible, „DER SPIEGEL“-Redakteur und Buchautor, legte den Zusammenhang von Freiheit und Klimaschutz dar. Oft werde es fälschlicherweise so dargestellt, dass Klimaschutz eine Bedrohung für die Demokratie darstelle. Diese Gefahr gebe es auch, ja, aber mehr noch sei das Gegenteil der Fall: „Wenn wir die Klimakrise nicht eindämmen, dann wird es die Demokratie im nächsten Jahrzehnt schwer haben. Nicht, weil Extremwetter und Katastrophen als apokalyptischer Sturm über das Land ziehen und das politische System beiseite fegen, sondern weil diese auf der ersten Ebene immer wieder Stopps und Erschütterung bringen und damit soziale Prozesse, ökonomische Prozesse, politische Prozesse destabilisieren [und] Chaos bringen.“ Alle bekannten Risikofaktoren für den Zusammenbruch einer Demokratie würden durch die Klimakrise verstärkt. Über die Klimakrise und den Veränderungsdruck zu sprechen stärke wiederum die Demokratie.

Resiliente Demokratie

Als vierte in der Runde nahm Paulina Fröhlich das Verständnis von Demokratie in den Fokus, das sehr unterschiedlich sein könne, auch wenn alle im Namen der Demokratie handeln würden. Aber: „Der Nährboden für ein verzerrtes, schädliches Verständnis von Demokratie ist größer als wir glauben wollen“, so Fröhlich, die den Schwerpunkt „Resiliente Demokratie“ des Berliner Think Tanks „Das Progressive Zentrum“ verantwortet und 2023 in das Forum #Zukunftsstrategie im Bundesministerium für Bildung und Forschung berufen wurde. Die Eckpfeiler einer resilienten Demokratie seien 1.) die Bewahrung des demokratischen Kerns, z.B. die freien und geheimen Wahlen in Krisenzeiten, 2.) die Wehrhaftigkeit der Institutionen gegenüber zersetzenden Kräften im Inneren und Äußeren und 3.) die Lernfähigkeit und Selbstkritik. Oder kurz: Wir, die Demokratinnen und Demokraten.

Anschließend hatte das Publikum die Gelegenheit, Fragen an die Podiumsgäste zu richten.

Der zweite Teil der Semestereröffnung war den Studierenden der Hochschule gewidmet, die im vergangenen akademischen Jahr herausragende Leistungen im oder neben dem Studium erbracht haben.

Spitzensportler*innen

Mit Lukas Krappe, Linnea Weidemann und Malte Braunschweig waren gleich drei Studierende der HWR Berlin bei den diesjährigen Olympischen und Paralympischen Spielen für Deutschland angetreten und haben damit sportliche Spitzenleistungen durch hartes Training neben dem Studium erzielt.

HWR-Talente

Anschließend wurden die diesjährigen HWR-Talente, die jeweils besten 4 Prozent ihres Studiengangs und Jahrgangs, für ihre herausragenden Studienleistungen gewürdigt. Alle Talente erhalten im Rahmen des Programms eine*n Vertrauensdozent*in, die/der ihnen u. a. in Fragen der Studiengestaltung mit Rat und Tat zur Seite steht. Beim anschließenden Get-together konnten sich die Talente und ihre Vertrauensdozentinnen und -dozenten persönlich kennenlernen.

DAAD-Preis

Erstmals wurde im Kontext der Semestereröffnung auch der DAAD-Preis für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender verliehen. In diesem Jahr erhielt Agatha Klosa diese besondere Auszeichnung. Mehr dazu lesen Sie im Interview mit der Preisträgerin.

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