Was braucht die wirtschaftswissenschaftliche Lehre?
Montagabend, 31 Grad, und an der HWR Berlin wird unter dem Motto »Fit für die Zukunft? Was braucht die wirtschaftswissenschaftliche Lehre?« über die Zukunft der Wirtschaftswissenschaft diskutiert.
Bei der Frage nach einer zeitgemäßen wirtschaftswissenschaftlichen Lehre vertraten die beiden Podiumsgäste aus Berufspraxis und Wissenschaft unterschiedliche Perspektiven. Während Prof. Leonhard Dobusch von der Universität Innsbruck den Nutzen der Interdisziplinarität und Theorienvielfalt für die Lösung gesellschaftlicher Probleme hervorhob, ging Larissa Bleckwehl, eine Alumna der HWR Berlin, in ihrem Input eher darauf ein, welche Kompetenzen ihr als Personalerin in einem DAX-Unternehmen besonders wichtig sind, um das Unternehmen voranzubringen und Anpassungen an neue Herausforderungen zu meistern.
In der Forschung, so Dobusch, sei die BWL aufgrund der Internationalisierung durchlässiger geworden als die VWL. So erschienen in den am höchsten gerankten Fachzeitschriften verschiedene methodische Ansätze als gleichwertig nebeneinander und auch die Lehre sei durch den starken Praxisbezug offener für interdisziplinäre Herangehensweisen. Gleichzeitig sei der Blick auf relevante Fragen zum Teil durch zu enge finanzielle Verknüpfung der Forschenden mit ihrem Untersuchungsgegenstand verstellt. Die VWL sei hingegen durch ihre größere „Wirtschaftsferne“ freier in der Wahl und Betrachtung ihres Untersuchungsgegenstandes, charakterisiere sich jedoch durch eine theoretische und methodische Verengung, insbesondere wegen der Dominanz bestimmter Journals. Dies wurde in den letzten Jahren auch zunehmend von pluralistisch orientierten Studierendeninitiativen kritisiert, die der VWL vorwerfen, Probleme wie ungleiche Verteilung, Finanzkrise und Klimawandel nicht ausreichend abzubilden.
Im Unternehmen seien der Blick über den Tellerrand sowie Kommunikationsbereitschaft und Teamfähigkeit die wichtigsten Voraussetzungen, um auf eine komplexe, sich ständig verändernde Außenwelt reagieren zu können, so Larissa Bleckwehl. Organisatorischer Wandel könne sich am ehesten durch die Mitarbeiter*innen selbst vollziehen und nur schwerlich von oben verordnet werden. Durch den digitalen Wandel verkürze sich die Halbwertzeit des Wissens ständig, weshalb überfachliche Kompetenzen und gemeinsames Lernen an Bedeutung gewinnen.
In Bezug auf das Curriculum der Zukunft bestand Einigkeit darin, dass die Hochschulen Experimentierfreude und Vielfältigkeit fördern sollten. Die Vielfalt und Widersprüchlichkeit der Welt solle sich durchaus auch in Curriculum und Lehrpersonal abbilden, auch wenn den Studierenden vielleicht manchmal einfache Antworten lieber wären.