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Zu Gast bei der Beratungsfirma BearingPoint

So sieht praxisnahe Lehre aus: 19 Studierende der HWR Berlin haben an einer Fallstudie zum Projektmanagement im öffentlichen Sektor teilgenommen. Ein Erfahrungsbericht von Christoph Purschwitz.

09.07.2024 — Christoph Purschwitz

Studierende der HWR Berlin besuchen BearingPoint im Rahmen einer Exkursion, Foto: privat

Mal die Perspektive zu wechseln und die „andere Seite“ kennenzulernen schafft nicht nur Empathie und ermöglicht es, Vorurteile durch erlebte Praxis zu überwinden, sondern fördert auch kreatives Denken und bietet Raum für neue Lösungsansätze.

Für zehn Bachelorstudierende der Studiengänge Öffentliche Verwaltung und Öffentliche Verwaltung dual sowie neun Masterstudierende im Studiengang Public Administration bot sich am 21. Juni 2024 die Gelegenheit, die „andere Seite“ kennenzulernen im Rahmen einer von Prof. Dr. Robert Knappe organisierten Exkursion zur Beratungsfirma BearingPoint. 

BearingPoint ist einer der „Big Player“ auf dem „Beratungsmarkt“ mit weltweit über 6.000 Mitarbeiter*innen und hat 2023 mehr als 1 Mrd. € Umsatz erzielt. Das in diesem Marktsegment verfügbare immense Kapital lässt sich dabei nicht verkennen: Die repräsentativen Büroräume sind zentral im Regierungsviertel gelegen und ein lichtdurchfluteter gut ausgestatteter Konferenzraum erwartet mich und die anderen Teilnehmer*innen. Für Getränke und abwechslungsreiche Verpflegung ist ebenfalls gesorgt, uns fehlt es an nichts. Vier Mitarbeitende der Berliner Niederlassung nehmen uns herzlich in Empfang und begleiten uns den ganzen Tag.

Nach einer Begrüßungsrunde stellen sie sich, ihren Arbeitgeber und die Anforderungen an den Berateralltag vor. Das hat etwas von einer Werbe- und Recruitingveranstaltung, was aber nachvollziehbar ist, da der Fachkräftebedarf natürlich auch an dieser Branche nicht vorbeigeht.

Fallstudie mit fiktiver Bundesbehörde

Danach geht es los. Gegenstand des Workshops ist eine Fallstudie zum Projektmanagement im öffentlichen Sektor: Die fiktive Bundesbehörde für Wahrheit hat die Entwicklung und Implementierung einer Steuerungssoftware ausgeschrieben – ein klassisches Organisationsentwicklungsprojekt. Die Firma BearingPoint bereitet hierfür ein Angebot vor. Wir, d.h. die Studierenden, werden für die nächsten Stunden zu Berater*innen, während die vier Mitarbeiter von BearingPoint in die Rolle der Behörden- und Abteilungsleitungen der Bundesbehörde für Wahrheit schlüpfen.

Wir teilen uns in drei Gruppen auf, jede mit dem Ziel, ein passendes Angebotskonzept zu entwickeln und dies der Behörde „zu verkaufen“. Ich komme in Gruppe 1. Jede der drei Gruppen hat nun ein 2x2 stündiges Zeitfenster, um ein überzeugendes Konzept einschließlich Ablauf- und Finanzierungsplan aufzustellen. Also am besten keine Zeit verlieren.

Zunächst müssen aber die Rollen verteilt werden: Benötigt werden eine Projektleitung und Projektmitarbeiter*innen für IT, Finanzen und Steuerung. Die erste Erkenntnis stellt sich schnell ein: Die Rollenfindung kann ganz schön viel Zeit in Anspruch nehmen, gerade wenn man sich (noch) nicht kennt!

Wer übernimmt die Projektleitung?

Nachdem die Rollen endlich klar sind, können wir mit dem „Performing“ anfangen. Das denken wir zumindest. Erkenntnis Nummer zwei: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Was wäre ein Projekt ohne die kleinen (un)geplanten Ereignisse, die den Zeitplan durcheinanderwirbeln, den Puls höher schlagen lassen und alle ins Schwitzen bringen? Details werden hier natürlich nicht verraten, denn das Workshopkonzept funktioniert nur, wenn die Überraschung auch überraschend ist und bleibt.

Trotz aller Umstände schaffen wir es fertig zu werden. Es ist eine Punktlandung. Unser Konzept ist einigermaßen rund, und eine ansprechende Präsentation konnten wir auch noch erstellen. Nun gilt es, unser Konzept überzeugend zu präsentieren und dem Entscheidungsgremium der Behörde für Wahrheit als das Beste zu verkaufen.  Jede Gruppe hat hierfür 15 Minuten Zeit. Die vier BearingPoint Mitarbeiter*innen haben dabei sichtbar Spaß an ihrem Rollen- und Perspektivwechsel als Behördenleitung.

Dritte Erkenntnis für mich: 15 Minuten sind nicht viel Zeit und vergehen schneller als gedacht. Unsere Projektgruppe hat den zeitlichen Vortragsrahmen leider nicht eingehalten und wir müssen die Präsentation nach 15 Minuten abbrechen. Schade, aber das sind die Regeln! Trotzdem sind wir alle froh, den Gruppenvortrag hinter uns gebracht zu haben. Ich höre mir zurückgelehnt und nun deutlich entspannter die Konzepte der beiden anderen Projektgruppen an und denke mir: Es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, was eine bunt zusammengewürfelte Gruppe in so kurzer Zeit für kreative Lösungsansätze entwickeln kann. Vielleicht die wichtigste Erkenntnis heute.

Der Workshop neigt sich nun dem Ende entgegen: Zeit, die eigene Perspektive wieder einzunehmen und den ereignisreichen Tag in geselligem Beisammensein mit dem einen oder anderen Kaltgetränk ausklingen zu lassen.

Fazit

Mein persönliches Fazit: Eine gelungene, erfrischende und reibungslos organisierte Veranstaltung, die mir sehr viel Spaß bereitet und mich auch vor kreativ-intellektuelle Herausforderungen gestellt hat. Ich nehme zudem viele Einblicke in und Erkenntnisse über den praktischen Berufsalltag von Beratungsunternehmen mit und habe eine Reihe interessanter Menschen kennengelernt. Ob ich später für ein Beratungsunternehmen tätig werde? Kann ich nicht sagen, vielleicht. Die Wahrscheinlichkeit zukünftig mit Berater*innen und Beratungsfirmen projektbezogen zusammenzuarbeiten, schätze ich sehr hoch ein. Möglicherweise sehe ich dann auch einige mir bekannte Gesichter wieder. Werde ich mich noch lange an diesen ereignis- und erkenntnisreichen Workshop erinnern? Mit Sicherheit!