Zentrale Werte auch im Netz: Würde und Respekt
Im Internet kursieren Fake News und Hate Speech. Wie gehen Betroffene damit um? Kann man solch systematischen Hass-Kampagnen im Netz effektiv Einhalt gebieten? Diese Fragen diskutierten Renate Künast und Prof. Niko Härting am 22. Mai im Rahmen des Studium Generale am Campus Schöneberg der HWR Berlin.
Im Internet kursieren Fake News und Hate Speech. Wie gehen Betroffene damit um? Kann man solch systematischen Hass-Kampagnen im Netz effektiv Einhalt gebieten? Diese Fragen diskutierten Renate Künast und Prof. Niko Härting am 22. Mai im Rahmen des Studium Generale am Campus Schöneberg der HWR Berlin.
Die sehr gut besuchte Veranstaltung eröffnete Prof. Dr. Susanne Meyer, Vizepräsidentin für Studium und Studierendenservice. Anlass für die Diskussionsrunde war der US-Wahlkampf, der noch immer die Gemüter bewegt: Inwieweit wurde die Wahl von US-Präsident Donald Trump durch Fake News begünstigt? Lässt sich verhindern, dass die Bevölkerung zukünftig durch Fake News manipuliert wird?
Jüngst hat die Bundesregierung reagiert und das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz im Kabinett beschlossen, das Gesetzgebungsverfahren läuft. Es beinhaltet die Pflicht für Netzwerkbetreiber, eine Kontaktstelle für Beschwerdemanagement einzuführen. Zudem soll es eine Löschpflicht für rechtswidrige Inhalte geben. Ein ergänzender Katalog nennt Tatbestände, aufgrund derer eine Löschung erfolgen muss. Betreibern, die kein Beschwerdemanagement einrichten, droht ein Bußgeld.
Für die hochaktuelle politische Diskussion hatten das Studium Generale gleich zwei prominente Fachleute eingeladen: Renate Künast und Prof. Niko Härting.
Renate Künast ist Rechtsanwältin, ehemalige Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (2001-2005) und Vorsitzende des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz im Bundestag. Sie kritisiert den Entwurf insbesondere deshalb, weil die Abgrenzung zur Meinungsfreiheit nicht ausgewogen ist und wegen des überstürzten Gesetzgebungsverfahrens.
Prof. Niko Härting ist ebenfalls Rechtsanwalt und seit 2012 Honorarprofessor an der HWR Berlin. Sein Fachgebiet ist IT – Internet, Software, Datenschutz. Er hält Entwurf sogar für verfassungs- und europarechtswidrig.
Schwachstellen des Gesetzentwurfes seien vor allem die unklaren Begrifflichkeiten (Was ist offensichtlich rechtswidrig?), die unklare Rechtsfolge (Sperren oder löschen?), ein überstürztes Verfahren ohne ausführliche Expertenanhörung und Diskussion in den Ausschüssen sowie keine Regelung dazu, was geschieht, wenn eine Löschung sich im Nachhinein als rechtswidrig erweist.
Künasts Alternativvorschlag: Vorerst lediglich Regelungen zur Organisationspflicht der Unternehmen verbindlich festzulegen, insbesondere auch zur Fürsorge für Personen, die sich mit den beanstandeten Inhalten auseinandersetzen müssen, was psychisch sehr belastend sein könne.
Wer erkenne denn, argumentierte Härting, was offensichtlich rechtswidrig sei? Im Zweifel nur solche Bilder/Äußerungen, die höchstrichterlich für rechtswidrig gehalten werden. Im Zweifel sei die Meinungsfreiheit das höhere Gut. Denn es dürfe nicht passieren, dass Nutzer/innen sozialer Netzwerke womöglich zu Unrecht blockiert und damit am Meinungstausch gehindert würden. Es bestehe die Gefahr des „Overblocking“ – und damit eine Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung.
Daraus entspann sich eine angeregte Diskussion zum Thema Meinungsfreiheit im Netz unter den Teilnehmer/innen. Renate Künast argumentierte folgerichtig: Hass ist keine Meinung – und gehöre damit auch nicht ins Netz.
Fazit: Eine einfache Lösung ist nicht in Sicht. Letztlich liegt die Verantwortung bei jedem einzelnen User. Denn auch im Netz sollten Würde und Respekt zentrale Werte sein.