Österreichisches Bundesministerium Inneres lädt ein
Sechs Wissenschaftler*innen vom Fachbereich Polizei und Sicherheitsmanagement der HWR Berlin reisten nach Wien zur internationalen Fachtagung „Polizeiausbildung im 21. Jahrhundert– Quo Vadis?“.
Drei Tage Wien klingen nicht nur verlockend, sondern sind es auch! Allerdings bleibt die Stadt komplett im Verborgenen, wenn sich sechs Wissenschaftler*innen aus dem Fachbereich 5 als Referent*innen dorthin begeben. Was wir uns nicht alles vorher ausgemalt hatten: einen Spaziergang im Schloss Schönbrunn, einen Besuch der Wiener Hofburg, natürlich sollten das Schloss Belvedere, der Stephansdom, der Wiener Naschmarkt, das Hundertwasserhaus und der Prater auch nicht fehlen. Stattdessen lernten wir den Fußweg vom Hotel One an der Staatsoper zum Veranstaltungsgelände in der Marokkanergasse so gut kennen, dass wir ihn schließlich im Schlaf hätten gehen können. Teilweise war das tatsächlich auch der Fall, wenn wir nach den vielen Stunden des konzentrierten Zuhörens und Diskutierens am Abend zurück ins Hotel oder aber nach einer viel zu kurzen Nacht am frühen Morgen in Richtung Zentrum für Fortbildung der Sicherheitsakademie (SIAK) des Innenministeriums stolperten.
In typisch österreichischer Manier (so erfuhren wir) starteten wir um 07.30 Uhr zur Registrierung und hörten pünktlich um acht vom Koordinator und Moderator der Veranstaltung, dass nicht nur uns aus dem fernen Berlin die Anreise geglückt war, sondern Vertreter*innen aus insgesamt zehn Ländern zusammengekommen waren. Neben zahlreichen Wissenschaftler*innen, Polizeibeamt*innen, Ausbilder*innen und anderen Funktionär*innen aus sämtlichen Bundesländern Österreichs fanden sich zur Tagung auch Vertreter*innen aus Belgien, Luxemburg, der Schweiz, Serbien, Slowenien, Tschechien, Ungarn, der Ukraine und aus mehreren Bundesländern Deutschlands im Vortragssaal ein.
Internationaler Austausch
Nach den Eröffnungsgrußworten zur internationalen transdisziplinären Tagung „Polizeiausbildung im 21. Jahrhundert– Quo Vadis?“, die sowohl vom Direktor als auch vom Leiter der Fortbildungsabteilung der Sicherheitsakademie an uns gerichtet wurden, ging’s direkt in die Vollen. Wir erfuhren Details zu essenziellen Kompetenzen für den Polizeiberuf, hörten Ausführungen zu Erwartungen, Motiven, Strategien, Zufriedenheiten und Identifikation junger Studierender im gehobenen Polizeivollzugsdienst, bogen ab in Richtung Diversität, kreuzten Deeskalationstechniken aus dem Polizeialltag und nahmen weiter Fahrt auf in Richtung digitale Lehrmethoden mit einem Seitenblick zu Supermultiplikatoren. Eine höchst willkommene, sanfte Abbremsung erfuhren wir durch Informationen zu Mindful policing mit der Meditation als mentales Resilienz-Training für die Polizeiausbildung. Unschwer erkennbar ist die Vielfalt der Themen, die uns alle zu regem Austausch in den allzu kurzen Pausen inspirierte und einen direkten Netzwerkeffekt hinterließ.
Polizeiausbildung ist divers
Wenn noch eines divers ist, dann ganz sicher auch die Polizeiausbildung! Die Unterschiede im internationalen Vergleich sind zum Teil genauso frappierend wie auf Landesebene in den einzelnen Landesteilen. Ob die Zulassung zur Ausbildung oder zum Studium eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt oder den höchsten Schulabschluss, ob es sich um eine Ausbildung oder ein Studium handelt, ob das Studium ausschließlich von Polizeiangehörigen oder aber von außen kommenden Fachkräften durchgeführt wird, ob Praxisanteile überwiegen oder theoretische Grundlagen die Basis bilden ... in allen Bereichen sind Unterschiede vorhanden, die sich zum Teil aus gewissen geografischen Gegebenheiten (Ballungszentrum versus ländlicher Raum), politischen Interessenlagen (Hauptstadt versus Kleinstadt) oder aber praktischen Umsetzungsmöglichkeiten (spezifische Bildungsstrukturen) ergeben. Best practice lässt sich also nicht durch eine Vereinheitlichung ermöglichen, sondern wird eher durch strukturelle Anpassungsvorgänge generiert.
Ein gemeinsamer Gesellschaftsabend für alle Referent*innen fand im urig-wienerischen Bierstall statt, wo nicht nur flüssige Gaumenfreuden auf uns warteten und wo wir laut, ungehemmt und quer über sämtliche Tische wild gestikulierend miteinander diskutierten. Diese Gemeinsamkeit zusammen mit einem kurzen Weihnachtsmarktbummel am letzten Tag, wo laut klappernd die doppelgespannten Fiacker vorbeidüsten, waren dann auch adäquater Ersatz für die ausgebliebenen Touren zu den Hauptstadtsehenswürdigkeiten. Hier kam schließlich sogar der vielgepriesene Wiener Schmäh ins Spiel, so dass die Reise sich insgesamt absolut gelohnt hatte.
Am Ende bleibt vor allem eines hängen: Der persönliche Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis in Offenheit und gegenseitiger Anerkennung ist inspirierend und bereichernd und lässt sich besonders gut in angenehmer örtlicher Atmosphäre erzeugen.
Diese Austauschkultur soll auf jeden Fall weiterbestehen. Ein nächster Austragungsort könnte unsere Berliner Hochschule sein, gedanklich sind wir bereits mit der Ideenumsetzung beschäftigt und freuen uns über etwaige Unterstützung.