Prof. Dr. Hartmut Aden zur Datenschutzreform: Betroffenen- u
Die Bundesregierung plant eine Datenschutzreform und holt für den Gesetzentwurf Experten/innenmeinungen ein. Prof. Dr. Hartmut Aden von der HWR Berlin wurde als Sachverständiger im Bundestag dazu angehört. Der Rechtswissenschaftler warnt vor den Risiken für die in Deutschland geltenden Grundrechte bei der Umsetzung der EU-Datenschutzrichtlinien.
Notwendig wird die Novellierung des bestehenden Bundesdatenschutzgesetzes, um die neuen EU-Vorgaben in deutsches Recht zu überführen. Vor der Beratung zur Gesetzgebung im Bundestag lud der Innenausschuss Ende März 2017 acht Sachverständige zur Anhörung ein, darunter Prof. Dr. Hartmut Aden von der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin.
Der Professor für Öffentliches Recht vom Fachbereich Polizei und Sicherheitsmanagement äußert Bedenken gegen die Systematik der neuen Richtlinien, prognostiziert Probleme bei deren Umsetzung in deutschen Sicherheitsbehörden. Aden sieht durchaus Nachbesserungsmöglichkeiten und spricht in seiner Stellungnahme konkrete Empfehlungen aus.
Die Umsetzung der EU-Datenschutzrichtlinie für den Sicherheitsbereich ist von hoher praktischer Relevanz. „Der transnationale Informationsaustausch hat sich in Zeiten gestiegener Risiken und Gefahren für die Sicherheit zu einem zentralen Instrument entwickelt“, hebt der Rechtswissenschaftler hervor und verweist auf die polizeiliche Zusammenarbeit in der Europäischen Union beispielsweise zur Terrorismusbekämpfung. Allerdings sei die ausgeweitete Praxis mit Risiken für die Grundrechte der Bevölkerung verbunden, insbesondere für die informationelle Selbstbestimmung und die daran anknüpfenden Grundrechte im Strafverfahren wie die Unschuldsvermutung oder der Schutz vor willkürlicher Freiheitsentziehung, so Aden. Betroffene wüssten in der Regel nicht, dass über sie Daten gesammelt werden oder bereits vorhanden sind. Deshalb fordert Aden die Implementierung von Kompensations- und Kontrollinstrumenten. „Persönlichkeitsgrundrechte lassen sich nur durch rigorose Maßnahmen zur Gewährleistung der Qualität bei der Verarbeitung personenbezogener Daten schützen, damit es nicht zu Fehlinformationen, Verwechslungen oder unberechtigtem Datenzugriff kommt“, sagt Aden. Eine hohe Datenqualität sei auch im Interesse effektiver Arbeit der Sicherheitsbehörden.
Mehrere der als Sachverständige geladenen früheren und amtierenden Datenschutzbeauftragten und Verbraucherschützer beklagten in der Anhörung zum Regierungsentwurf am 27. März 2017 im Bundestagsinnenausschuss, dass dieser europarechts- oder verfassungswidrig sei. Kritisch bewertet wurden zum Beispiel die vorgesehenen beschränkten Ansprüche von Bürgerinnen und Bürgern, Einblick in über sie gespeicherte Daten zu erhalten und diese gegebenenfalls korrigieren oder löschen zu lassen.
Die EU-Richtlinie für den Sicherheitsbereich räumt den Mitgliedsstaaten durchaus Möglichkeiten ein, die Vorgaben in einem gewissen Rahmen individuell an ihre spezifischen Rechtssysteme anzupassen. Prof. Dr. Hartmut Aden sieht bei Nichtausschöpfung dieses Spielraums die Gefahr, "dass wir hinter den vorhandenen Rechtsschutzstandards zurückfallen werden". Dies gelte auch für die Pläne, die Richtlinie für den Datenschutz bei Polizei und Justiz in deutsches Recht umzusetzen. Es sei hier wenig sinnvoll, den Text aus Brüssel "nur in deutsche Gesetze hineinzukopieren", ohne sie wenigstens an die deutschen Begriffe und Systematiken anzupassen.
Bevor das Gesetz verabschiedet werden kann, müssen viele Details noch nachgebessert werden, so das einmütige Votum der Sachverständigen. Die Liste reicht von der erweiterten Videoüberwachung über Befugnisse von Berufsgeheimnisträger/innen wie Ärzten, Anwälten oder privaten Lebens- und Krankenversicherungen bis zur eingeschränkten Aufsicht der Bundesdatenschutzbehörde über den Bundesnachrichtendienst. Insgesamt 70 Änderungsanträge allein aus dem Bundesrat liegen vor, erarbeitet auch auf der Grundlage der umfangreichen Stellungnahmen der gehörten Expert/innen.
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