Frischzellen für die Lehre – Train the Trainer
Innovative Hochschullehre an der HWR Berlin
Auch Dozent/innen lernen, ein Leben lang und voneinander. Am Berliner Zentrum für Hochschullehre (BZHL) qualifizieren sich Lehrende von Universitäten und Fachhochschulen und bilden sich pädagogisch weiter. Prof. Dr. Alexander Tsipoulanidis, MBA und Dipl.-Ing., Dipl.-Wi.-Ing. Harald Pflughaupt, MBA stellten im Juni 2016 im Good Practice Forum eine neue Form der Wissensvermittlung vor. Die beiden Dozenten der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin haben einen Ansatz entwickelt, der darauf abzielt, dass Studierende durch die Anwendung disziplinübergreifender multi-dimensionaler Lehr-Perspektiven Berufskompetenzen erlangen.
Dabei setzen Tsipoulanidis und Pflughaupt darauf, dass durch eine stark erhöhte Interaktion der Studierenden während der Lehrveranstaltung und das eigenständige Erarbeiten von Entscheidungsmodellen und realen Fallstudien deren Verständnis um die Verzahnung von Theorie und Praxis signifikant gesteigert wird. Erprobt haben sie ihre Lehrinnovation im Modul „Supply Chain Management und Informationssysteme“ an der HWR Berlin. Beide Bereiche wurden im Bezug zu wesentlichen Disziplinen (zum Beispiel Engineering, Marketing, Controlling) und ausgewählten Branchen (zum Beispiel Automobil, Handel, Logistik) betrachtet und kontrovers diskutiert. „Oft ergeben sich hieraus auch in der Praxis Konfliktpotenziale“, begründet Tsipoulanidis, der vor seinem Ruf an die HWR Berlin viele Jahre in der Praxis als Director Supply Chain and Operations Management im internationalen Umfeld tätig war. Durch verschiedene Betrachtungsweisen derselben Thematik und Problemlage werden Studierende in die Lage versetzt, wesentliche Inhalte des Supply Chain Management Designs eigenständig herzuleiten und grundlegende Konzepte anzuwenden. „So bereiteten wir die Kursteilnehmer/innen unmittelbar auf ihre spätere berufliche Praxis vor. Die Kenntnis der Informationssysteme und -technologie führt dabei zu einem disziplinübergreifenden Prozessverständnis“, fanden die Wissenschaftler der HWR Berlin heraus.
Die Dozenten lehren während des gesamten Semesters im simultanen Tandem-Teaching, wenden aktivierende Methoden an. So übernehmen Studierende in Diskussion verschiedene Rollen, „setzen verschiedene Hüte auf“. Die Dozenten agieren als Coaches. Zur Illustration der Zwischenschritte und -ergebnisse wird eine „Zweite Bühne“ eingerichtet, „ein Info-Marktplatz mit vier Ecken“, nennt Pflughaupt das Modell und verweist ferner auf „Headlines“ und „Supply Chain Domino“. Ihr Baukasten enthält diverse Werkzeuge des Lehrens und Lernens aus unterschiedlichen Perspektiven. „KORRIDOR-Modell“ haben Tsipoulanidis und Pflughaupt ihre Methode getauft, die sie im Rahmen des Forschungsprojekts „Frischzellen – Innovation der Hochschullehre durch Teamteaching“ entwickelten.
Im Lauf des Moduls erarbeiteten die Student/innen nicht nur ihr eigenes Lernprodukt, sondern darauf aufbauend auch ihr eigenes Praxisbeispiel, testeten dieses wirklichkeitsnah auf globale Reaktionsfähigkeit und Effizienz und formulierten Anforderungen an die Prozess- und IT-Gestaltung. Unterfüttert wurde das Ganze mit dem sogenannten Supply Chain Design (SCD), dem Supply Chain Planning (SCP) und der Supply Chain Execution (SCE). Die Gruppendynamik weckte schließlich auch die Kreativität der anfangs eher passiven Teilnehmer/innen, konstatieren die Wissenschaftler. Und wie die Studierenden untereinander, so geben sich beim Erfahrungsaustausch Dozent/innen im Good Practice Forum des Berliner Zentrums für Hochschullehre gegenseitig Impulse für zeitgemäße, erfolgreiche Lehre.