Vorschlag zur besseren Zusammenarbeit für den Kinderschutz
Es ist Aufgabe der Jugendämter, Kinder vor drohender Gewalt und Verwahrlosung zu schützen. Wie kann sicher gestellt werden, dass die Jugendämter rechtzeitig von entsprechenden Gefährdungen erfahren?
Mit dieser Frage befasst sich Prof. Guido Kirchhoff im Rahmen einer rechtswissenschaftlichen Untersuchung.
Hinweise darauf, dass Kinder nicht nur in schwierigen, sondern für ihre Entwicklung und ihr Kindeswohl möglicherweise gefährdenden Umständen aufwachsen, fallen zunächst meist bei anderen staatlichen Stellen an - etwa bei der Polizei, bei Staatsanwaltschaften oder Gerichten. Diese müssen dann prüfen, ob sie die Hinweise an das Jugendamt übermitteln dürfen. Prof. Kirchhoff stellte fest, dass nach der bisherigen Rechtslage (§ 17 Nr. 5 Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz - EGGVG) eine solche Informationsweitergabe von den Staatsanwaltschaften an die Jugendämter nur zulässig ist, wenn es sich um eine "erhebliche Gefährdung Minderjähriger" aus der Sicht der Staatsanwaltschaft handelt. Da jene aber meist keinen Überblick über die gesamte familiäre Situation, sondern allenfalls einzelne Indizien haben, sind die Voraussetzungen für eine solche Informationsweitergabe - abgesehen von eindeutigen Fällen, wie Gewalt gegenüber Kindern - in der Praxis kaum erfüllbar, eine frühzeitige Information der Jugendämter damit nicht zu leisten. Die Rechtslage für die Polizei ist zwar besser, auch hier können aber noch mögliche Informationslücken geschlossen werden.
Die Ergebnisse seiner Untersuchung veröffentlichte Prof. Kirchhoff in der NJW (2020, S. 1993-1998). Seine Anregungen zur Änderung der gesetzlichen Vorschriften wurden jetzt von der Landesregierung NRW aufgegriffen, die im Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Änderung des EGGVG zur "Erleichterung der Datenübermittlung bei Kindeswohlgefährdungen" eingebracht hat (s. BR-Drucksache 476/20 vom 21.8.2020). Darin wird vorgeschlagen, die gesetzliche Hürde für entsprechende Informationen durch die Staatsanwaltschaften abzusenken und bereits die "Prüfung gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen" zuzulassen.
Kirchhoff, Guido (2020): Datenübermittlung an Jugendämter zur Abwehr von Kindeswohlgefährdungen. In: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), S. 1993-1998.